Ein Kulturkampf 1
Seit einigen Tagen geistert ein Gespenst durch die Medien und Netzwerke: das Verbot von Einfamilienhäusern. Als Zündsatz muss ein Interview von Anton Hofreiter (Grüne) herhalten, in dem dieser angeblich ein solches Verbot gefordert hätte.
Für ein Verbot von Einfamilienhäusern gibt es weder in den Dörfern noch in großen oder kleinen Städten irgendeinen vernünftigen Grund. Das ist sowohl baurechtlich und baupolitisch als auch wohnungspolitisch und sozial eine vollkommen abwegige Idee.
Nebenbei, ein Familienhaus ist in der Größe unbestimmt. Es kann eine kleine Hütte oder ein Bauernhaus sein, eine Villa oder gar ein Schloss; es kann eingeschossig oder auch dreigeschossig sein. Ein großer Teil der Deutschen wohnt in Einfamilienhäusern, und das ist weder asozial noch gemeinschädlich. Ist gibt ganze Gemeinden, die bestehen nur aus Einfamilienhäusern.
Aber in den Großstädten, kann man nicht wenigstens in den Großstädten den Bau von Einfamilienhäusern verbieten? – Nein! Wenn auf einem Grundstück der Bau eines freistehenden Einfamilien-Wohnhauses oder auch von Reihenhäusern baurechtlich zulässig ist, dann hat der Grundstückseigentümer einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung.
Auf den landeseigenen Grundstücken kann das Land Berlin die Nutzung und deren Maß im rechtlich geltenden Rahmen selbst bestimmen. Berlin wird seine Wohnungsbaugrundstücke, so sie dazu geeignet sind, natürlich für den Geschosswohnungsbau verwenden oder auch mit dieser Zweckbindung auf dem Wege eines Erbbaurechtsvertrages verpachten. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass das Land Berlin Grundstücke hat, die sich nur mit Einfamilien- oder Reihenhäusern nutzen lassen.
Auf privaten Grundstücken kann die Gemeinde Art und Maß der Nutzung mit den Mitteln des Planungsrechts bestimmen. Für die Nutzungsmaße werden in aller Regel Obergrenzen bestimmt. Untergrenzen der baulichen Nutzung sind nur in städtebaulich gut begründeten Einzelfällen möglich und oftmals schwer durchsetzbar. Derartige enteignungsgleiche Eingriffe in das private Eigentum, in die persönliche Freiheit und Selbstbestimmung, sind nur in besonderen Ausnahmesituationen grundrechtlich vertretbar.
Etwas anderes ist es, sich der realen und dringenden städtebaulichen Aufgabe zu stellen und den dynamischen Flächenverbrauch in Folge der extensiven baulichen Inanspruchnahme zu stoppen. Deshalb sollte die öffentliche Hand stets den Mehrgeschosswohnungsbau überall dort präferieren, wo er städtebaulich und ökologisch vertretbar ist. Das hängt aber von der Größe, der Lage und dem stadträumlichen Umfeld der Baugrundstücke ab. In einer Kleinhaussiedlung wird man kein Wohnhochhaus planen und bauen. Auf städtischen Grundstücken im urbanen Bebauungszusammenhang wird die Stadt keine Einfamilienhaushäuschen bauen.
Die Zersiedlung der Stadtränder und des Umlandes von Berlin mit kleinen Einfamilienhaussiedlungen ist keine Zukunftsoption. Dies würde das Erfordernis des ressourcen- und klimaschonenden Bauens missachten. Moderner Städtebau muss sozial und ökologisch nachhaltig sein und angemessen die klimatischen und gesundheitlichen Herausforderungen von morgen berücksichtigen. Das, und nicht das Verbot eines Wohnhaustyps, ist eine vernünftige Stadtentwicklungspolitik.
Mitunter sind die Streiter wider das Einfamilienhaus zugleich Befürworter von Wagenplätzen als alternative Wohnformen in der Innenstadt. Während die Kämpfer gegen die Wagenburgen in der Innenstadt diese als schrecklich für die Wohnqualität und die Immobilienwerte brandmarken. Das macht deutlich, dass diese Debatte zu einem guten Teil auch ein Kulturkampf mit den dazugehörigen geistigen Untiefen ist.