Wenn von Wohnungsnot in Berlin gesprochen wird, stimmen viele spontan zu. Die „gefühlte Wohnungsnot“ basiert auf der Wahrnehmung, dass manch ein Bekannter oder man selbst auf langwieriger und oft erfolgloser Wohnungssuche ist. Die wenigen angebotenen Wohnungen sind meist viel zu teuer, und bei leistbaren Wohnungsangeboten ist die Bewerberzahl riesig. Die Wohnungs- und Einwohnerstatistik Berlins passt aber nicht zu dieser Wahrnehmung. Nach dieser hat sich das Verhältnis Einwohnerzahl zu Wohnungszahl seit den 90er Jahren sogar entspannt. Ging in den 90er Jahren die Einwohnerzahl Berlins bei starkem Wohnungsneubau zurück, überstieg in den letzten Jahren der Zuwachs an Wohnungen den Bevölkerungszuwachs. Wohnungsnot ist ohnehin etwas anderes. Die erlebte Berlin nach dem Ersten Weltkrieg auf Grund des großen Zustroms von Menschen aus den abgetrennten Ostprovinzen und nach dem Zweiten Weltkrieg, als ein neuerlicher Zustrom Heimatloser in eine in großen Teilen zerstörte Stadt kam.
Der erlebbare Wohnungsmangel hat andere Ursachen als das Verhältnis Einwohnerzahl zu Wohnungszahl. Ganz wesentlich sind die demographische Veränderung und eine Veränderung der Lebensweisen. In den letzten 30 Jahren ist die Anzahl der Mehrpersonenhaushalte gesunken, und die der Singlehaushalte stieg kontinuierlich auf inzwischen über 50% der Einwohner. (1- und 2-Personenhaushalte über 80 %). Damit verbunden ist ein Anstieg der Wohnflächennutzung pro Einwohner. Hinzu kommt, dass eine erhebliche Zahl an Wohnungen nicht mehr für Wohnen im engeren Sinne genutzt wird, sondern stattdessen als Ferienwohnungen oder für gewerbliche Appartementvermietung. Zudem sind Wohngebäude in Pensionen oder Hotels umgewandelt worden.
Wohnungsmangel besteht, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. Dabei sind aber für beides Lage und Preis maßgeblich. Lage bedeutet Ortsteil, Kiez oder auch nur einzelne Straßenzüge. Das heißt, dass 10.000 neue Wohnungen auf einem Acker am Stadtrand keine Wirkung auf eine Mangel- und damit Preissituation in nachgefragten Innenstadtkiezen haben.