Teilhabe und Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an den konkreten Vorhaben in ihren Stadteilen und in der ganzen Stadt ist eine wesentliche Ressource für eine demokratische, sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung Berlins. Sie darf nicht länger als Last oder Belästigung geblockt und wegmoderiert werden.
Partizipation findet nur dort statt, wo die Positionen, die Ansichten und Vorschläge der engagierten Bürgerinnen und Bürger als Part, als gleichwertiger Teil des Ganzen respektiert und als solcher in der Meinungsbildung behandelt werden. Beteiligungsverfahren, in denen die Bürgerinnen und Bürger lediglich über fertig geplante Bauvorhaben informiert werden und für Verständnis und Akzeptanz geworben wird, sind keine Partizipation. Die Mitwirkung der Öffentlichkeit in einer frühen Phase der Vorhabenentwicklung ist zwingend erforderlich.
Die Koalition hatte sich in der vergangenen Legislaturperiode in Sachen Partizipation viel vorgenommen. Es wurden Leitlinien für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Projekten der räumlichen Stadtentwicklung (Leitlinien Bürgerbeteiligung) erarbeitet und verabschiedet sowie ein Beteiligungsbeirat installiert. Mit der Neuwahl 2021 scheint die Partizipation als zeitraubend und lästig aufs Abstellgleis geschoben. Der Beteiligungsbeirat fand nicht mehr statt. Der Widerspruch von Bürgerinnen und Bürgern wird als egoistisch und partikularistisch abqualifiziert. Fehlende Akzeptanz für Vorhaben sei nur Unverständnis bzw. ein Kommunikationsproblem.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung muss auf den Pfad einer transparenten und ergebnisoffenen Partizipation zurückgeführt werden. Die Beteiligungsprozesse erschließen schöpferische Ressourcen und Kompetenz der Bürgerschaft. Sie sind keine Zeitverschwendung. Die Missachtung der Mitwirkungsbereitschaft und der Kenntnisse von Bürgerinnen und Bürgern kostet letztendlich viel Zeit, Qualität und auch Geld. Die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger stärkt zudem die demokratische Kultur und Verfassung des Gemeinwesens.
Das gilt insbesondere auch für die Vorhaben des kommunalen Wohnungsneubaus. Die Defizite der Partizipation bei der Umsetzung der Leitlinien für Partizipation im Wohnungsbau durch die Landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind gravierend. Eine Partizipation im Wortsinn findet nicht statt. Die stetige Ansage: Wir reden mit euch nicht über das Ob, sondern allenfalls über das Wie der Freiraumgestaltung, ist eine Absage an Partizipation. Die Konflikte eskalieren seit Monaten an vielen Orten.
Die Leitlinien sind dahingehend zu überarbeiten, dass Mitwirkung und Mitentscheidung die Regelstufen der Partizipation werden. Sie ist transparent, ergebnisoffen und auf Augenhöhe zu realisieren. Die Ausgestaltung des jeweiligen Partizipationsverfahrens muss im Einvernehmen mit dem zuständigen Fachausschuss der BVV erfolgen.